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Das Goldene Zeitalter nach Tulsidas, Ramcaritmanas Als Rama seinen Thron bestieg, freuten sich die drei Welten, und alles Leid war vorbei. Keiner
befehdete mehr den anderen; denn durch Ramas glänzende Herrlichkeit waren alle Unterschiede verschwunden. Alle Menschen befolgten die Regeln der Veden, ein jeder getreulich nach den Vorschriften, die seiner Kaste entsprachen.
So fanden alle Glück, und es gab weder Furcht noch Leid, noch Krankheit. In Ramas Reich litt keiner mehr unter Gebrechen des Leibes, unter Naturgewalten oder (wilden) Tieren. Alle Menschen liebten sich gegenseitig und folgten
getreulich den ihnen entsprechenden Vorschriften nach vedischem Brauche. Rechtes Verhalten in allen seinen vier Teilen (Askese, Wissen, Gnade und Gaben) erfüllte die Welt. Sünden gab es selbst im Traum nicht mehr. Männer und
Frauen waren in liebevoller Verehrung Ramas versunken, und alle hatten ein Recht auf Erlösung. Es gab keinen Tod im Kindesalter, keiner litt Schmerz, alle waren schön und besaßen gesunde Körper. Keiner war arm, keiner betrübt
und keiner elend. Keiner war dumm und keiner ohne Vorzüge. Alle waren frei von Hochmut, den rechten Lebensregeln ergeben und voller guter Taten. Alle Männer und Frauen waren klug und tugendhaft. Alle erkannten die Vorzüge
anderer an, waren gelehrt und im Besitz des Wissens. Alle waren dankbar und nicht in Falschheit erfahren. Im Reiche Ramas litt niemand in der belebten und unbelebten Welt unter Jahres- und Tageszeit, an seinen Taten aus
früheren Geburten, an seiner bösen Anlage und unter seinen schlechten Eigenschaften.
Das Glück und den Reichtum in Ramas Reich können selbst der Schlangenkönig und Sarada nicht beschreiben. Alle Männer und Frauen waren
freigebig, halfen einander und verehrten die Füße der Brahmanen. Alle Männer waren nur einer Frau treu, und die Frauen sorgten für das Wohl ihrer Gatten in Gedanken, Worten und Taten.
In den Wäldern blühten die Bäume
immer und trugen beständig Früchte. Elefanten und Löwen lebten zusammen. Vögel, Gazellen (usw.) vergaßen die ihnen eingeborenen Feindschaften, und die Liebe untereinander wuchs bei allen. In den Wäldern sangen die Vögel und
zahlreiche Herden von Gazellen grasten ohne Furcht und freuten sich. Ein sachter, kühler, wohlriechender Wind wehte, es summten die Bienen und sie trugen den Honig weg. Von Schlingpflanzen und Bäumen tropfte der Honig, so wie
jeder wünschte, die Kühe gaben Milch, soviel man wollte. Die Erde stand immer in voller Ernte; denn das Goldenen Zeitalter war in dem Silbernen Treta-Zeitalter wieder erschienen.
Auf den Bergen taten sich verschiedene
Edelsteinminen auf, weil sie den Herrn, die Seele der Welt, in der Welt erkannt hatten. In allen Flüssen strömte viel kühles, sauberes, gutschmeckendes und glückbringendes Wasser. Die Ozeane blieben in ihren Grenzen. Sie warfen
Perlen an ihre Ufer, und die Menschen sammelten sie auf. Alle Seen waren gefüllt mit Lotusblumen, und alle zehn Himmelsrichtungen lachten überaus zufrieden. Der Mond schien mit allen seinen Strahlen auf die Erde, und die Sonne
wärmte nur so viel, wie nötig war. Die Wolken regneten, wenn man es wollte, in Ramacandras Reich.
Quelle: Ramcaritmanas, S.78ff.
Das Goldene Zeitalter nach Hesiod, Opera
Golden war das
Geschlecht der redenden Menschen zu Anfang, Das die Unsterblichen schufen, die Wohnen im Haus des Olympos. Diese waren zu Kronos' Zeit, der im Himmel regierte, Und sie lebten wie Götter, das Herz ohne drückende
Sorgen, Weit von Jammer und Arbeit fern; nicht schwächliches Alter Gab es für sie: nein, immer sich gleich an Händen und Füßen Freuten sie sich des Glückes, befreit von jeglichem Übel. Wie vom Schlafe gebändigt
starben sie. Freude und Wonne War ihr Leben; es trug die nahrungsspendende Erde Früchte von selbst in Hülle und Fülle. Aus eigenem Antrieb Schafften sie ruhig ihr Werk im Überschwange der Güter. Aber nachdem nun
dieses Geschlecht die Erde verhüllt hat, Sind sie Geister geworden nach Zeus', des gewaltigen, Ratschluß, Gute, sie weilen auf Erden und hüten die sterblichen Menschen, Spender des Segens; ein königlich Amt
ist's, das sie erhielten.
Quelle: Eliade, Mircea, S. 223f.
Das Goldene Zeitalter nach Ovid, Metamorphosen I
... es entstand die erste, die goldene Zeit: ohne Rächer, ohne Gesetz,
von selber bewahrte man Treue und Anstand. Strafe und Angst waren fern; kein Text von drohenden Worten stand an den Wänden auf Tafeln von Erz; es fürchtete keine Flehende Schar ihre Richter: man war ohne Rächer
gesichert. Fichten fällte man nicht, um die Stämme hernieder von ihren Höhen in die Meere zu rollen, nach fremden Ländern zu fahren; Außer den ihrigen kannten die Sterblichen keine Gestade. Keinerlei steil
abschüssige Gräben umschlossen die Städte; keine geraden Posaunen, nicht eherne Hörner, gekrümmte, Gab es, nicht Helme noch Schwert; des Soldaten bedurften die Völker Nicht: sie lebten dahin sorglos in behaglicher
Ruhe. Selbst die Erde, vom Dienste befreit, nicht berührt von der Hacke, Unverwundet vom Pflug, so gewährte sie jegliche Gabe, Und die Menschen, zufrieden mit zwanglos gewachsenen Speisen, Sammelten Früchte
des Erdbeerbaums, Erdbeeren der Berge, Kornelkirschen, in stachligen Brombeersträuchern, die Früchte Und die Eicheln, die Jupiters Baum, der breite, gespendet. Ewiger Frühling herrschte, mit lauem und freundlichem
Wehen Fächelten Zephirlüfte die Blumen, die niemand gesäet. Ja, bald brachte die Erde, von Niemand gepflügt, das Getreide: Ungewendet erglänzte das Feld von gewichtigen Ähren. Hier gab's Ströme von Milch, dort
ergossen sich Ströme von Nektar, Und es troff von der grünenden Eiche der gelbliche Honig.
Quelle: Eliade, Mircea, S. 226 Ulrich Wendlandt, Der Weg der alten Zauberer - Vom Ursprung magischer Stäbe, Cersken-Kanbaz-Verlag
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