Die Hexenprozesse In Bad Windsheim

In welch traurigem Zustand die Rechtspflege in früheren Zeiten in Deutschland gewesen sein mag, lässt sich aus vielen dereinst Erzählten schildern. Der Schwabenspiegel, eine in den Jahren 1268 bis 1282 entstandene Gesetzessammlung, galt auch in Windsheim als Gesetzbuch. Um seinen Unvollkommenheiten nachzuhelfen und dem Volke Vertrauen zu den Rechtsansprüchen und Urteilen einzuflößen, wurden wichtige Gegenstände, besonders peinliche Rechtssachen, von Schöffen beraten. Die Mängel des Gesetzbuches ersetzten die Schöffen nach ihren Gutachten. Hierdurch, ward der Willkür unermesslichen Raum gelassen. Höchst beklagensreich war besonders die Art und Weise, wie die peinlichen Untersuchungen geführt wurden. In den ältesten Zeiten dienten Gottesurteile zur Beweisführung. Nachdem die Carolina in Deutschland eingeführt war, bediente man sich der Folter, bis das Geständnis erzwungen war. Noch finden sich in den Archiven die Blutbücher, die Bände von Untersuchungsakten und Todesurteilen, die Aufzählungen der vielen, hier vorgenommen Hinrichtungen der schlimmsten Art. Doch mögen zur näheren Bezeichnung der Art und Weise, wie vor Zeiten die Gerechtigkeitspflege geübt wurde, hier nur ein paar Beispiele aufgezeigt werden. Am 18. September 1582 wurde in Windsheim ein neuer Galgen gebaut und Tags darauf wurden drei Diebe gehängt. Zehn Tage drauf wurde Fritz Matthes aus Thüngen gerädert, weil er fünf Menschen ermordete. Am 6. Januar 1585 starb Adam Gostenberger, ein Dieb, der keine Aussage tun wollte, so dass ihn der Henker mit Aufziehen und Feuer zur Aussage zwingen musste. Danach wurde er hinaus zum Galgen gebracht und unter diesem begraben.
So abergläubisch man auch in Deutschland war, so war man vom Aberglauben der Hexerei verschont geblieben, bis Papst Innocens VIII im Jahre 1484 die Hexenprozesse durch eine Bulle förmlich einführte. Noch ein Jahrhundert blieb Windsheim von diesen Prozessen verschont. Doch im Jahre 1596 glaubte ohne Zweifel der Rat nicht länger säumen zu dürfen, Windsheim von seinen Hexen zu reinigen. Das erzählt die  Chronik. Den 16. Julius wurden  Anna, Michael Leichtens, Zimmermann Eheweib, Anna Schottin, Schreiners Ehefrau   und Katharina Männlerin als Hexen, lebendig auf den Hainserwasen verbrannt. So folgten 20 weitere bis zum 10. Dezember. So war Windsheim von  den Hexen gereinigt. Im Jahre 1597 wurden Tochter und Mutter (Kunz Nagels Weib) als Hexen verbrannt. Im Jahre 1600 wurde die alte Schneiderin namens Kilianin als Hexe eingesperrt. Ihr Sohn verklagte den Rat beim Reichskammergericht in Speyer. Daraufhin wurde die Frau auf freien Fuß gesetzt. Sie wurde am 2. April auf einen Karren gesetzt und zum Tore hinaus aus der Stadt verbannt. Von diesem Jahre schweigen die Nachrichten von Verbrennungen der Hexen. Doch wegen Hurerei, Ehebruch, Diebstahl und Mord wurde jährlich geköpft, gerädert und gehängt. Doch werfen wir einmal einen Blick auf die Weise, wie die Hexenprozesse geführt wurden.

Die Untersuchungsakten der Barbara Sprinzin, Türmersfrau, 46 Jahre alt, umfassen 6 Seiten. Ende Juli 1596 wird sie im Beisein beider Richter des jungen Bürgermeisters und des Stadtschreibers vormittags verhört. Nachdem man sie daran erinnerte, dass sie ihrer Seelen Seligkeit willen zu bedenken habe und ihre Sünden bekennen sollte, leugnete sie steif, dass sie von der Hexerei nichts wisse. Gott solle sie davor behüten, wenn sie hexen könne, könnte ihr kein Mensch ihre Glieder zerreißen, außer der Herr Christus. Ihr wird vorgehalten, dass sie auf den Wasen den Säuen der Bossin Pulver gestreut hat, wovon diese gelähmt wurden. Sie wollte davon nichts wissen, sie antwortete »Wenn sie es könnte, wollte sie es sagen, wie man wacker fahre«.
Nachmittags wird die Untersuchung fortgesetzt im Beisein des Scharfrichters. Auf fleißiges Erinnern die Wahrheit zu sagen, will sie durchaus nichts Böses getan haben. »Sie müsse ja närrisch sein, wenn sie etwas sage, was sie nicht getan habe«. Als immer wieder gefragt, ja sogar gepeinigt wurde, beteuerte sie immer wieder ihre Unschuld. Danach wird sie aufgezogen, sie bittet abgelassen zu werden und sie erzahlt von einem Traum. Doch das genügt den Peinigem nicht und sie wird wiederum aufgezogen. Am 2. August ist das dritte Verhör. Da sie gütlich nicht gestehen wollte, wird sie wieder aufgezogen, nach einer Stunde an der Tortür hängend, wollte sie gestehen. Nun gesteht sie, was man von ihr hören möchte. Dass sie mit einem schwarzen Kerl in Rappmannstal zusammengekommen ist, der einen schwarzen Federhut hatte und mit dem sie sich fleischlich vermischte. Mit dem habe sie sich in der Graf trauen lassen. Im viereckigen See wurde sie dann auf den Namen des Teufels getauft worden. Danach sei sie mit dem Schwarzen auf der Gabel gefahren und auf dem Petersberg, den Hoheneck Tänzen beigewohnt. Dabei hatte sie Wein getrunken und Eidechsen und Kröten gegessen. Der Schwarze hat ihr dann befohlen, den Schweinen Pulver zu streuen, worauf sie erlahmt seien. Danach wurde vom Rat das Todesurteil gesprochen und am 20. August vollzogen.

Im Jahre 1600 war in Windsheim der letzte Hexenprozess, in Rothenburg erst im Jahre 1673, in Schweinfurt 1671. Die letzte Hexe wurde im Jahre 1780 verbrannt.

Quelle: Lokalkurier Bad Windsheim 02.07.2003