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Natur der Sprache / Sprache der Schöpfung
"Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort!" Dieser bekannte erste
Satz des Johannesevangeliums enthält, wenn er richtig verstanden wird, bereits alle Informationen, die erforderlich sind, wenn es darum geht, die eigentliche Natur und das Wesen der Sprache zu verstehen. Wir haben dieses
allererste Schöpfungswort in der indischen Überlieferung bereits als Nada kennengelernt. Es entstand in dem Moment, als sich das reine, abstrakte Bewußtsein, Brahman, seiner Natur entsprechend, seiner selbst bewußt wurde, und der Wunsch entstand, sich zu vervielfältigen. Die Veden beschreiben diese Situation: "Eko-ham bahu-ssyaam", (Ich bin Eins, ich möchte "viel" werden). Die Analyse bestätigt uns folgenden einfachen Zusammenhang: Gedanken sind innerlich gesprochene Worte und Sätze. Sprache ist somit eine konkretere, wir können auch sagen gröbere Form des Denkens. Denken ist die Grundlage jeglichen menschlichen Handelns. Und die Basis des Denkens wiederum ist das Bewußtsein. Und individuelles menschliches Bewußtsein hat seine Basis wiederum im absoluten ewigen reinen Bewußtsein, welches eins ist mit Brahman. Wir finden in diesem Zusammenhang also folgende Hierarchie:
- Reines Bewußtsein ist die Basis des individuellen Bewußtseins - Individuelles Bewußtsein ist die Basis des Denkens. - Denken ist die Basis der Sprache. - Denken, bzw. Sprache sind die Basis der Handlung.
Es ist deshalb gerechtfertigt zu sagen, daß dieser allererste Gedanke Gottes auch das allererste Wort gewesen ist. Auf einer anderen Ebene des Verständnisses kann dieses erste Wort auch als die allererste Anregungsform oder die erste Schwingung im Meer der Ewigkeit bezeichnet werden. Dieser Grundimpuls der Schöpfung, der vom Beginn der Schöpfung bis zu ihrem Ende aufrechterhalten wird, wird als die heilige Silbe OM bezeichnet. Die gesamte Schöpfung ist folglich als eine differenzierte Form oder vielleicht auch als die Summe der Interferenzen seiner Schwingungsnatur zu bezeichnen.
Zur Beschreibung des Mantras Om heißt es im Mandukya-Purana z.B.: OM, dieser Laut ist das unvergängliche Brahman, er ist das Weltall. Alles, was war, alles, was ist, alles, was sein wird, ist OM, und OM auch wieder alles, was jenseits von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegt. ... Du bist Brahman, eins mit der Silbe OM, die in den Schriften ist, die heilige Silbe, Mutter aller Laute ... OM ist Brahman. OM ist alles. Wer sich in OM versenkt, der geht in Brahman ein. .. Aus: Die Schönsten Upanischaden, Swami Prabhavananda (Übers.), Zürich, 1962
Diese Vorstellung eines Ur-Tones, der dem gesamten Weltenplan zugrunde liegt, ist in vielen Kulturen seit uralten Zeiten überliefert. Und diese Vorstellung wurde auch von vielen begnadeten Komponisten und Dichtern als zutreffend erfahren, die ihre musikalische Kreativität als aus diesem Grundbereich entspringend erfahren haben.
Die heilige Silbe OM Die Sufis kennen diesen feinen Ton als Saute Surmad, dem die Eigenschaft nachgesagt wird, von Krankheiten und Ängsten zu befreien, wenn er wahrgenommen werden kann. Es soll in diesem Zusammenhang auch an die Lehre von der Musik der Sphären erinnert werden, wie sie uns von Pythagoras überliefert wurde und dann in den folgenden Jahrhunderten bis in unsere Zeit hinein wieder und wieder erneuert wurde, besonders, nachdem sie durch Kepplers Entdeckungen eine neue Bedeutsamkeit erhalten hatte. Doch kommen wir auf die Silbe OM zurück. Ihr wird in Indien traditionell allerhöchste Verehrung zuteil. Die Upanishaden besingen ihre Herrlichkeit.
So heißt es in der Mandukya-Upanishad: OM, dieser Laut ist das unvergängliche Brahman, er ist das Weltall. Alles, was war, alles, was ist, alles, was sein wird, ist OM, und OM auch wieder alles, was jenseits von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegt. ... Du bist Brahman, eins mit der Silbe OM, die in den Schriften ist, die heilige Silbe, Mutter aller Laute ... OM ist Brahman. OM ist alles. Wer sich in OM versenkt, der geht in Brahman ein. .. Und in der Katha-Upanishad heißt es: OM ist das Höchste. Dem, der sie (die Silbe) wahrhaft kennt, ist jeder Wunsch erfüllt. OM ist Stab und Stütze, ist allerhöchstes Sinnbild. Wer OM kennt, wird verehrt als Brahmankenner. Aus: Die Schönsten Upanishaden, Swami Prabhavananda (Übers.), Zürich, 1962 Es wird hier klar: Ein Aspekt der Silbe OM ist ewig, unmanifest, mit Brahman wesensgleich. Ein anderer Aspekt der Silbe OM ist hingegen relativ, der Uranfang der Schöpfung, und der ist identisch mit den Veden. Wir können die Veden nach dieser Vorstellung folglich als die konkretisierte Form der Silbe OM betrachten. Und an dieser Stelle treffen sich auch die Wirklichkeiten des Veda und der Edda.
Zitiert
mit Genehmigung des Autors aus: Ulrich Wendlandt, Der Weg der alten Zauberer - Vom Ursprung magischer Stäbe, Cersken-Kanbaz-Verlag
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